Die Auskunftsverpflichtung im Erbrecht

Es kommt nicht selten vor, dass der testamentarisch bedachte Erbe überhaupt keine Kenntnis über den Bestand der Erbschaft hat. Um die Erbschaft antreten zu können benötigt er Auskünfte, Unterlagen und Belege, um den Umfang des Nachlasses zu sichten. So hat der testamentarische Erbe ein umfassendes Auskunftsrecht gegenüber dem derzeitigen Besitzer der  Erbschaftsgegenstände. Dieser hat alles dafür zu tun, damit der testamentarische Erbe sich ein Bild über den Nachlass verschaffen kann.

Selbiges gilt für den Pflichtteilsberechtigten. Auch er ist auf Informationen durch den oder die Erben angewiesen, damit er seinen auf Geld gerichteten Anspruch auch realisieren kann. Jeder Miterbe hat auch ein Interesse daran, zu erfahren, in welchem Umfang ein anderer Miterbe ausgleichspflichtige Zuwendungen von dem Erblasser bereits lebzeitig erhalten hat. Miterben demgegenüber sind untereinander nur ausnahmsweise zur Auskunft verpflichtet. Der Gesetzgeber hat die Auskunftsproblematik gereget und im Gesetz für Erben, Pflichtteilsberechtigte und Nachlassgläubiger Auskunftsansprüche geregelt. Die Auskunftsberechtigten sollen dadurch in die Lage versetzt werden die relevanten Informationen zu erhalten. Diese Rechte sind prozessual einklagbar. Zunächst sollte selbstverständliich versucht werden, außergerichtiich den Auskunftsverpflichteten zur Auskunftserteilung zu bewegen, erforderliche Unterlagen und Belege vorzulegen. Wenn eine Reaktion darauf nicht erfolgt bzw. keine Informationen oder lückenhaft
gegeben werden, steht dem Berechtigten der Weg zu den Gerichten mittels einer Auskunftsklage offen. Gerichte können von Zwangsmitteln, Ordnungsgeld Gebrauch machen, um den Auskunftsverpflichteten zur Auskunftserteilung zu bewegen. Erst wenn die Auskünfte hinreichend erteilt und belegt worden sind, hat der Erbberechtigte die Möglichkeit der Bezifferung. So hat auch der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf Auskunftserteilung, auch wenn er als nächster Angehöriger vom Erblasser enterbt worden ist. Dieser Pflichtteil ist ein finanzieller Anspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsberechtigte kann gegenüber dem Erben oder den Erben
umfangreiche Auskünfte geltend machen. Der Erbe hat dann über ein sogenanntes
Nachlassverzeichnis Auskunft zu erteilen. Auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten ist auch der Wert des Nachlasses durch den Erben zu bestimmen. Nachlassgläubiger, die Forderungen gegen den Erblasser haben und die sich nicht sicher sind, ob der Nachlass zur Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten ausreicht kann gegenüber dem Erben über das Nachlassgericht aufgegeben werden, ein sogenanntes Nachlassinventar zu errichten. Damit ist eine Auflistung sämtlicher bei Eintritt des Erbfalls vorhandenen Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten verbunden. Der Nachlassgläubiger kann dann Einsicht nehmen und sich einen Überblick verschaffen, ob seine Forderung vom Nachlass gedeckt ist. Sofern der Erbe nicht mitwirkt und kein Inventarverzeichnis erstellt haftet er für Nachlassverbindlichkeiten persönlich unbeschränkt.

Dr. Dahlmeier
Rechtsanwalt