Die Auskunftsverpflichtung im Erbrecht

Es kommt nicht selten vor, dass der testamentarisch bedachte Erbe überhaupt keine Kenntnis über den Bestand der Erbschaft hat. Um die Erbschaft antreten zu können benötigt er Auskünfte, Unterlagen und Belege, um den Umfang des Nachlasses zu sichten. So hat der testamentarische Erbe ein umfassendes Auskunftsrecht gegenüber dem derzeitigen Besitzer der  Erbschaftsgegenstände. Dieser hat alles dafür zu tun, damit der testamentarische Erbe sich ein Bild über den Nachlass verschaffen kann.

Selbiges gilt für den Pflichtteilsberechtigten. Auch er ist auf Informationen durch den oder die Erben angewiesen, damit er seinen auf Geld gerichteten Anspruch auch realisieren kann. Jeder Miterbe hat auch ein Interesse daran, zu erfahren, in welchem Umfang ein anderer Miterbe ausgleichspflichtige Zuwendungen von dem Erblasser bereits lebzeitig erhalten hat. Miterben demgegenüber sind untereinander nur ausnahmsweise zur Auskunft verpflichtet. Der Gesetzgeber hat die Auskunftsproblematik gereget und im Gesetz für Erben, Pflichtteilsberechtigte und Nachlassgläubiger Auskunftsansprüche geregelt. Die Auskunftsberechtigten sollen dadurch in die Lage versetzt werden die relevanten Informationen zu erhalten. Diese Rechte sind prozessual einklagbar. Zunächst sollte selbstverständliich versucht werden, außergerichtiich den Auskunftsverpflichteten zur Auskunftserteilung zu bewegen, erforderliche Unterlagen und Belege vorzulegen. Wenn eine Reaktion darauf nicht erfolgt bzw. keine Informationen oder lückenhaft
gegeben werden, steht dem Berechtigten der Weg zu den Gerichten mittels einer Auskunftsklage offen. Gerichte können von Zwangsmitteln, Ordnungsgeld Gebrauch machen, um den Auskunftsverpflichteten zur Auskunftserteilung zu bewegen. Erst wenn die Auskünfte hinreichend erteilt und belegt worden sind, hat der Erbberechtigte die Möglichkeit der Bezifferung. So hat auch der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf Auskunftserteilung, auch wenn er als nächster Angehöriger vom Erblasser enterbt worden ist. Dieser Pflichtteil ist ein finanzieller Anspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsberechtigte kann gegenüber dem Erben oder den Erben
umfangreiche Auskünfte geltend machen. Der Erbe hat dann über ein sogenanntes
Nachlassverzeichnis Auskunft zu erteilen. Auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten ist auch der Wert des Nachlasses durch den Erben zu bestimmen. Nachlassgläubiger, die Forderungen gegen den Erblasser haben und die sich nicht sicher sind, ob der Nachlass zur Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten ausreicht kann gegenüber dem Erben über das Nachlassgericht aufgegeben werden, ein sogenanntes Nachlassinventar zu errichten. Damit ist eine Auflistung sämtlicher bei Eintritt des Erbfalls vorhandenen Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten verbunden. Der Nachlassgläubiger kann dann Einsicht nehmen und sich einen Überblick verschaffen, ob seine Forderung vom Nachlass gedeckt ist. Sofern der Erbe nicht mitwirkt und kein Inventarverzeichnis erstellt haftet er für Nachlassverbindlichkeiten persönlich unbeschränkt.

Dr. Dahlmeier
Rechtsanwalt

Wer erbt was?

Wem steht was, d.h. viel vom Erben zu? In über 50 % der deutschen Erbfälle liegt kein Testament vor. In diesem Fall regelt das Gesetz die Erbfolge für die Angehörigen. Sofern ein Testament vorliegt, kann der Erblasser jemanden zum Erben einsetzen. Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn es kein Testament gibt, ein Testament ungültig ist oder per Testament die gesetzliche Erbfolge bestimmt wurde. Ein Testament muss, um gültig zu sein, eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Für das sogenannte Berliner Testament, eine Variante des gemeinschaftlichen Testaments gilt dies genauso.
Eheleute können ein Berliner Testament aufsetzen. Dabei muss das Testament
von einem der Ehepartner aufgesetzt und von beiden unterschrieben sein.
Ein mit dem Computer erstelltes Testament ist auf jeden Fall unwirksam. Dies auch dann, wenn es ausgedruckt und persönlich unterschrieben wird. Sofern ein Testament nicht vorliegt, erben der Ehepartner und die Kinder zuerst. Der hinterbliebene Ehepartner wird beim Erbe als erstes berücksichtigt. Gleich danach erben die ehelichen und nichtehelichen Kinder des Verstorbenen. Dies sind die Erben der ersten Ordnung.
Wenn der Erblasser unverheiratet ist, sind nur die Kinder zu Erbschaft berufen. Gibt es keine Erben erster Ordnung, d.h. keine Kinder, erben die Eltern des Verstorbenen und alle Personen, die von den Eltern abstammen, d.h. die Geschwister des Erblassers. Es gibt dann noch die Erben der dritten und der vierten Ordnung. Dies sind dann die Großeltern des Verstorbenen und alle Personen, die von den Großeltern abstammen.
Nur der Vollständigkeit halber: Die Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Verstorbenen und ebenfalls alle Personen, die von den Urgroßeltern abstammen.
Es stellt sich dann die Frage, wem was zusteht. Dem Ehegatten steht grundsätzlich 1/4 der Erbschaft zu, wenn Verwandte der ersten Ordnung, d.h. Kinder vorhanden sind. Gibt es nur noch Verwandte der zweiten Ordnung, erbt der Ehepartner die Hälfte. Wenn der Erblasser im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte also kein abweichender Güterstand vereinbart worden ist, was die Regel ist, erhält der Ehepartner zusätzlich zum gesetzlichen Erbteil 1/4 des Erbes. Im Endergebnis, dies ist die Regel, erbt der Ehepartner die Hälfte. Die restliche Erbschaft, die weitere Hälfte geht jeweils an die Erben der ersten Ordnung, wenn diese vorhanden sind. ansonsten neben Erben der zweiten Ordnung auf 3/4 des Nachlasses.

Unter Umständen kann es für den hinterbliebenen Ehegatten günstiger sein, einen höheren Erbanteil zu begründen, wenn er das Erbe ausschlägt und die sogenannte güterrechtliche Regelung geltend macht. Er verlangt dann den konkret berechneten Zugewinnausgleich sowie den Pflichtteil. Dieser Weg ist schwieriger, aber zu empfehlen, wenn der tatsächliche Zugewinn sehr hoch ist. Die Aufteilung innerhalb der ersten drei Ordnungen ist gesetzlich klar geregelt. Der Nachlass geht zu gleichen Teilen an die Kinder. Ist eines der Kinder vor dem Erblasser verstorben, geht dessen Erbteil wiederum zu gleichen Teilen auf dessen Kinder über. Entsprechendes gilt für die zweite Ordnung.
Per Testament kann von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden und z.B. auch ein Alleinerbe festgelegt werden. Damit ist jedoch nicht ein vollständiger Verlust des Erbrechts des weiteren Verwandten verbunden. Diesem steht nach dem Gesetz der sogenannte Pflichtteil zu. Der Alleinerbe hat dann den Pflichtteil an berechtigte Ehe und Lebenspartner, Eltern oder Kinder des Verstorbenen auszuzahlen.

Zu berücksichtigen und zu beachten ist unbedingt, dass der Nachlass auch überschuldet sein kann. Dann sollte die Erbschaft ausgeschlagen werden. Die Berechnung des Pflichtteils bzw. die mögliche Erbausschlagung bzw. die Nachlaßinsolvenz solle dann in einem  nächsten Beitrag erörtert werden.

Dr. Dahlmeier
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Artikel Kiek An! 2/2019 „Befristung des Arbeitsvertrages“

Der Gesetzgeber ging zunächst davon aus, dass Arbeitsverhältnisse unbefristet geschlossen werden. Einem Bedürfnis der Wirtschaft folgend, hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2001 das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eingeführt.
Dessen dritter Abschnitt beschäftigt sich mit den befristeten Arbeitsverhältnissen.
Danach gilt zunächst, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages nur dann zulässig ist, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Dies entsprach zuvor schon der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und nun sind beispielhaft Fälle in das Gesetz aufgenommen worden. Die in der Praxis wichtigsten sind die Befristung wegen eines nur vorübergehenden Bedarfes, die Befristung zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, der befristet ausfällt, die Befristung zur Erprobung und die Befristung, die auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. Wenn ein solcher Sachgrund vorliegt, ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Einschränkung möglich. Dies bedeutet insbesondere, dass auch ein zeitlicher Rahmen für die Befristung nicht gesetzt wird. Dies bedeutet weiter, dass eine Befristung verlängert werden kann oder aber sich eine Befristung mit Sachgrund an einer vorherige Befristung mit Sachgrund anschließen kann. Vielfach in die Kritik geraten sind die sogenannten Kettenarbeitsverträge, in denen sich eine Befristtung mit Sachgrund an die andere anschließt. Insbesondere die öffentliche Hand schließt solche Verträge reihenweise ab. Man war sich deshalb im Wahlkampf weitestgehend einig, dass solche Kettenarbeitsverträge qua gesetzlicher Regelung unzulässig werden sollen. Passiert ist bislang nichts. Die bedeutete nach wie vor, dass im Falle von mehrfachen Befristungen das Gericht entscheiden muss, ob überhaupt ein befristeter Bedarf an der Arbeitskraft vorliegt, oder nicht in Wirklichkeit ein unbefristeter Bedarf. In der Praxis weitaus häufiger und auch interessanter sind die Befristungen, die sachgrundlos erfolgen. Hier muss der Arbeitgeber keinen Grund angeben oder überhaupt nur haben, um ein befristetes Arbeitsverhältnis abschließen zu können.
Voraussetzung ist aber nach $ 14 Il TzBfG, dass die Befristung nur bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren zulässig ist. In dieser Höchstdauer kann das Arbeitsverhältnis bzw. dessen Befristung maximal dreimal verlängert werden. Dies bedeutet, dass zum Beispiel eine Befristung von einem halben Jahr dreimal um ein halbes Jahr bis zur Höchstdauer von zwei Jahren verlängert werden kann.
Für ältere Arbeitnehmer gelten andere Regelungen. Die Befristung des Arbeitsvertrages bedarf der Schriftform. Dies bedeutet, dass vor Antritt des befristeten Arbeitsverhältnisses der Vertrag in schriftlicher Form vorliegen muss. Wenn dieser erst nach Antritt der Tätigkeit erfolgt, liegt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis liegt auch dann vor, wenn entweder über den vorgenannten Zeitraum von zwei Jahren hinaus eine Befristung erfolgen soll oder aber ein sachlicher Grund tatsächlich nicht bestand. Dann muss der Arbeitnehmer spätestens mit Ablauf von drei Wochen nach dem vorgesehenen Befristungsende die sogenannte Entfristungsklage beim Arbeitsgericht einreichen. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht auch dann, wenn nach Ablauf der Befristung der Arbeitnehmer seine Arbeitstätigkeit fortsetzt und der Arbeitgeber hiervon Kenntnis hat oder haben muss.
Dies ergibt sich aus $ 15 V TzBfG bzw. aus $ 625 BGB.
In der Praxis interessant ist folgender Streit der Gerichte:
Nach $ 14 II 2 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Das BAG hat seit einigen Jahren über den Gesetzeswortlaut hinaus geurteilt, dass einer Befristung eine Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber nicht entgegensteht, wenn das vorherige Arbeitsverhältnis länger als drei Jahre zurückliegt.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2018 entschieden, dass diese Auslegung des Bundesarbeitsgerichtes nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt sei, da die vom BAG angenommene Frist von drei Jahren ausdrücklich nicht in den Gesetzestext mit aufgenommen worden sei. Diese Intention des Gesetzgebers dürfe von den Fachgerichten nicht übergangen und durch ein eigenes Konzept ersetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des BAG über eine Entfristungsklage eines Arbeitnehmers aufgehoben und zurückverwiesen. Zwischenzeitlich hat das BAG entschieden, dass eine lange Zeit zurückliegende Vorbeschäftigung unschädlich sei, wobei hier eine Frist von acht (!) Jahren nunmehr nicht mehr ausreichen soll. Eine Befristung sei darüber hinaus auch trotz einer Vorbeschäftigung möglich, wenn nunmehr eine gänzlich andere befristete Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber eingegangen werde. Letztlich soll noch darauf hingewiesen werden, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht kündbar ist. Kündbar wird es nur dann, wenn die Parteien die Möglichkeit der Kündigung ausdrücklich im Vertrag vereinbart haben.

Rechtsanwalt Michael Field
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Barklage Brickwedde Dahlmeier Roter
Demmerplatz 3 – 19053 Schwerin

Artikel Kiek An! 04/2019 Die betriebsbedingte Kündigung

Will ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis ordentlich beenden, so kann er dies grundsätzlich ohne Angabe von Kündigungsgründen. Er muss lediglich die Kündigungsfrist und die Schriftform einhalten. Nur wenn das Arbeitsverhältnis unter den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) fällt, bedarf die Kündigung einer gerichtlichen nachprüfbaren Begründung. Das KSchG findet dann Anwendung, wenn das betreffende Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand und der Betrieb mehr als zehn vollzeitig eingestellte Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden ständig beschäftigt. Auch geringfügig Beschäftigte zählen zur Anzahl der zu berücksichtigenden Personen, wenn sie regelmäßig beschäftigt sind. Manche große Unternehmen verlagern ihre Mitarbeiter in eine Vielzahl von kleinen neu gegründeten Unternehmen, um jeweils den Anwendungsbereich des KSchG zu unterlaufen. Hier ist es aber denkbar, dass diese Kleinunternehmen einen sogenannten Gemeinschaftsbetrieb bilden, der dann insgesamt mehr als zehn Mitarbeiter hat, sodass das KSchG Anwendung findet. Für das Vorliegen eines solchen Gemeinschaftsbetriebes ist der Arbeitnehmer vollumfänglich darlegungspflichtig, was häufig nicht gelingt. Entscheidendes Kriterium ist das Vorliegen einer sogenannten einheitlichen Leitungsmacht. Daneben sind weitere Merkmale, wie etwa ein gemeinsamer Firmensitz, Austausch von Personal, gemeinschaftliiche Nutzung von
Produktionsmitteln, etc. erforderlich. Unter dem Anwendungsbereich des KSchG können personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe die Kündigung im Sinne des KSchG sozial rechtfertigen. Die betriebsbedingte Kündigung ist die mit Abstand am weitesten verbreitete Form der Kündigung. Diese ist dann begründet, wenn dem Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht möglich ist. Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, muss er gemäß $ 102 V BetrVG vor Ausspruch der Kündigung angehört werden.
Es müssen also — neben formellen Voraussetzungen — insbesondere die vorgenannten fünf Voraussetzungen positiv erfüllt sein, damit die betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt ist.

1. Es müssen betriebliche Erfordernisse vorliegen, die den Bedarf an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entfallen lassen. Dies kann neben den Schulbeispielen Betriebsstilllegung oder Teil- Betriebsstilllegung auch die Veränderung von Arbeitsabläufen oder der Arbeitsorganisation sein, die dazu führen, dass die konkrete Arbeit entweder entfällt oder durch andere Mitarbeiter mit erledigt wird. Man spricht dann von einer sogenannten Arbeitsverdichtung. Es bedarf hierzu der unternehmerischen Entscheidung, die vom Gericht vollständig auf ihr Vorliegen, nicht aber auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden kann. Dies ist auch letztlich richtig, da der Arbeitsrichter sich nicht in die Position des Firmenlenkers hineindenken soll und damit letztlich darüber entscheiden soll, ob er als Arbeitsrichter eine unternehmerische Entscheidung für wirtschaftlich richtig oder falsch hält. Das Vorliegen der unternehmerischen Entscheidung ist aber vollständig nachprüfbar, ebenso wie das Resultat dieser unternehmerischen Entscheidung, nämlich der Wegfall des Arbeitsbedarfs. Insoweit ist der allgemeine Hinweis auf einen Rationalisierungsbedarf oder einen Umsatzrückgang nicht ansatzweise ausreichend. Viele – auch große – Arbeitgeber begründen ihre Kündigung derart schwammig. Dies hat seinen Grund häufig nicht darin, dass ihnen die genaue Bezeichnung nicht möglich ist, sondern vielmehr seinen Grund in der vollständigen Darlegungslast des Arbeitgebers. Dieser muss insoweit sämtliche Zahlen gegebenenfalls BWAs oder Bilanzen auf den Tisch legen und die Veränderung zu den Vorjahren erläutern. Aus guten Gründen scheuen manche Arbeitgeber diesen Weg.

2. Die vorgenannten betrieblichen Erfordernisse müssen auch dringlich sein. Es ist denkbar, dass zwar eine unternehmerische Entscheidung zu einem Wegfall eines Teilbedarfs an Arbeitskräften führt, jedoch nicht dringlich ist. Dringlich ist eine Kündigung dann, wenn es keinen anderen freien Arbeitsplatz in diesem Betrieb oder in einem zu dem Unternehmen gehörenden Unternehmen gibt, auf dem der betroffene Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden könnte. Insoweit muss ein freier Arbeitsplatz vorliegen, eine Freikündigung eines besetzten Arbeitsplatzes ist nicht erforderlich (und wohl in der Regel auch nicht möglich). Der Arbeitsplatz muss natürlich vergleichbar sein, wobei hier eine Ausnahme besteht. Wenn nämlich zumutbare Umschulungsoder Fortbildungsmaßnahmen oder auch eine Weiterbildung des Arbeitnehmers eine Eignung für den freien Arbeitsplatz ermöglicht und der Arbeitnehmer mit diesen Maßnahmen einverstanden ist, so fehlt es ebenfalls am Merkmal der Dringlichkeit.

3. Die sogenannte Interessenabwägung hat zwischen dem Arbeitnehmerinteresse am Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses und dem Arbeitgeberinteresse an der Beendigung gerade dieses Arbeitsverhältnisses zu erfolgen. Diesem Merkmal kommt bei der betriebsbedingten Kündigung anders als bei der außerordentlichen oder der verhaltensbedingte Kündigung kein großes Gewicht zu. Wenn nämlich die zuvor genannten Voraussetzungen vorliegen, wird das Arbeitgeberinteresse an der Beendigung immer überwiegen.

4. Hier ist allerdings die Sozialauswahl zu beachten. Nach der gesetzlichen Regelung muss der Arbeitgeber bei vergleichbaren Mitarbeitern eine Sozialauswahl durchführen. Der sozial am wenigsten schutzwürdigste Mitarbeiter ist derjenige der die Kündigung erhält. Die soziale Schutzwürdigkeit wird an den Merkmalen Dauer der Betriebszugehörigkeit, Anzahl der Unterhaltsverpflichtungen, Lebensalter und Schwerbehinderung geprüft. Hier kann es im Einzelfall zu schwierigen Abgrenzungen kommen, zum Beispiel wenn ein Mitarbeiter zwar 20 Jahre im Betrieb ist aber über keine Unterhaltsverpflichtungen verfügt und andererseits ein vergleichbarer Mitarbeiter lediglich drei Jahre im Betrieb ist, aber fünf Kinder hat. Prozessual interessant ist, dass der Arbeitgeber bei einer entsprechenden Rüge des Rechtsanwalts des Arbeitnehmers vollumfänglich darlegungspflichtig für die sozialen Erwägungen ist. Andererseits gibt es auch Fälle, in denen eine Sozialauswahl überhaupt nicht durchgeführt werden muss, da keine horizontal vergleichbaren Arbeitnehmer im Betrieb existieren.

5. Letztlich muss der Arbeitgeber einen bestehenden Betriebsrat rechtzeitig und vollständig informieren, damit dieser sich ein vollständiges Bild von dem zu kündigen Kollegen und gegebenenfalls einen vergleichbaren Kollegen machen kann. Der Zustimmung des Betriebsrates bedarf es allerdings zur Wirksamkeit der Kündigung nicht. Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, besteht lediglich ein Anspruch des zu kündigen Arbeitnehmers auf eine Übersendung der Stellungnahme des Betriebsrates sowie auf eine Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses. Bei der betriebsbedingten Kündigung sind also arbeitgeberseits vielfache Facetten zu beachten.
Anders herum ausgedrückt gibt es für den Arbeitnehmer viele „Einfallstore, um eine ausgesprochene Kündigung zu Fall zu bringen. In jedem Fall sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Besonders zu beachten ist, dass eine Kündigung nur innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens gerichtlich angegriffen werden kann. Nach Ablauf dieser Frist gilt diese Kündigung grundsätzlich als wirksam.

Rechtsanwalt Michael Field
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Barklage Brickwedde Dahlmeier Roter
Demmilerplatz 3 – 19053 Schwerin

Umgangsrecht in den Ferien

Wenn Mutter und Vater getrennt leben, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der
Elternteil, bei dem das Kind nicht seinen dauerhaften Wohnsitz hat, mit seinem Kind in
den Ferien verreisen darf.
Nach einer Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts, des
Bundesverfassungsgerichts, hat der Umgangsberechtigte grundsätzlich einen
Anspruch darauf, zumindest einen Teil der Ferien mit dem Kind zu verbringen.
Dafür gibt es jedoch keine starren gesetzlichen Vorgaben. Eltern sollten sich zu dieser
Frage, wie auch zu allen anderen Fragen des Umgangs, abstimmen. Die Eltern haben
einen sehr weiten Gestaltungsspielraum. Nur das Kindeswohl setzt ihnen Grenzen.
Häufig wird hinsichtlich der Zeitdauer eine hälftige Teilung vereinbart. Das Kind
verbringt dann eine Hälfte der Sommerferien mit der Mutter, die andere mit dem Vater.
Geprüft werden muss dabei selbstverständlich, ob das Kind die Trennung von dem
anderen Elternteil auch verkraftet. Eine Geschwistertrennung sollte dabei möglichst
vermieden werden. Eine Verpflichtung des umgangsberechtigten Elternteils, sein Kind
zu sich zu nehmen, ist allerdings nicht mit gesetzlichen Zwangsmitteln durchsetzbar.
Es besteht auch keine Verpflichtung, die Kinder möglichst lange zu sich zu nehmen,
um den nicht umgangsberechtigten Elternteil zu entlasten.
Eine Urlaubsreise mit dem Kind ist grundsätzlich auch erlaubt. Reisen innerhalb
Deutschlands wird man regelmäßig akzeptieren können. Schwierig wird es
regelmäßig, wenn das außereuropäische Ausland aufgesucht werden soll. Hierüber
gibt es regelmäßig Streit. Recht eindeutig ist es, wenn Reisen in Krisengebiete oder in
Gebiete durchgeführt werden sollen, für die Reisewarnungen des auswärtigen Amtes
vorliegen. In diesem Fall müssen sicherlich beide Elternteile zustimmen. Wenn ein
Elternteil nicht zustimmt, kann beim Familiengericht beantragt werden, die fehlende
Zustimmung zu ersetzen. Dann kommt es sicherlich auf den Einzelfall an, vgl. dazu
OLG Hamburg, Az:12 UF 80/11. Leben z.B. Großeltern in diesen Gebieten (?) Warum
soll die Reise gerade in dieses Gebiet durchgeführt werden? Es darf und kann nicht
ausschlaggebend sein, dass der Hotelaufenthalt dort ggfl. günstiger ist. Handelt es
sich um ein unwirtliches Gelände, oder ist das Land gut erschlossen, vgl. dazu OLG
Köln, Az. II-4 UF 232/11. Ein anderer Aspekt ist zudem zu beachten: Besteht eine
Entführungsgefahr durch den umgangsberechtigten Elternteil.

Soll das Kind absichtlich dem Zugriff der deutschen Behörden entzogen werden? Problematisch sind auch die Fälle, in denen der betreuende Elternteil im Urlaub mit dem Kind eine gefährliche Sportart ausüben möchte, wie z.B. Motorsport.
Auch dann muss eine Einigung erzielt bzw. die fehlende Zustimmung eingeklagt werden.
Für die Praxis wichtig sind Reisevollmachten. Der umgangsberechtigte Elternteil
sollte ein Dokument mit sich führen, um die Erlaubnis nachweisen zu können, dass er
mit dem Kind Urlaub machen darf. Dies gilt erst recht, wenn das Kind einen
abweichenden Nachnamen trägt. Ein Kinderreisepass sollte mitgeführt werden bzw.
bei Kindern ab dem 16. Lebensjahr einen Personalausweis. Sofern ein
Auslandsaufenthalt geplant ist, sollte man sich rechtzeitig nach den erforderlichen
Dokumenten erkundigen und bedenken, dass die Ausstellung der Dokumente,
insbesondere in der Zeit der Covid-19-Pandemie längere Zeit dauern kann, als üblich.
In der Praxis gibt es vielerlei Fallgestaltungen, die von Vater und Mutter
unterschiedlich eingeschätzt werden können. Sofern eine Einigung nicht erzielt wird,
ist regelmäßig der Weg zu den Familiengerichten eröffnet.

Dr. Rainer Dahlmeier
Fachanwalt für Familierecht

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Angestellte erhalten im Krankheitsfall weiterhin ihr Gehalt oder ihren Lohn. Wenn ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er – anders als z.B. Beamte – Anspruch auf diese Entgeltfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen. Unverschuldet in diesem Sinne ist eine Arbeitsunfähigkeit auch dann, wenn sie aufgrund einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruches einer Schwangerschaft eingetreten ist.

Problematisch ist es aber, wenn die Krankheit länger andauert oder aber häufiger auftritt. Hier sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Die Entgeltfortzahlungsperiode währt grundsätzlich sechs Wochen ab Beginn der Krankheit. Dauert die Krankheit länger als sechs Wochen an, zahlt die Krankenkasse des Arbeitnehmers Krankengeld oder im Falle eines Unfalls Verletztengeld.

Erkrankt der Arbeitnehmer infolge der selben Krankheit erneut, so erhält er wiederum Entgeltfortzahlung für sechs Wochen, wenn er zuvor mindestens sechs Monate nicht in Folge derselben Krankheit arbeitsunfähig war.

Erfolgt hingegen innerhalb von sechs Monaten eine erneute Krankschreibung wegen dieser Krankheit, so entfällt die Entgeltfortzahlung. Aber Vorsicht: häufig stellen Ärzte bei einer zweiten Erkrankung als Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wiederum eine sogenannte „Erstbescheinigung“ aus. Wenn der Arbeitgeber vernünftige Zweifel daran hat,
dass es sich wiederum um eine Erstbescheinigung und nicht etwa um eine
Folgebescheinigung handelt, so kann er weitere Nachfragen tätigen. Auch die Auskunft der Krankenkasse des Arbeitnehmers, es läge wiederum eine anderweitige Ersterkrankung vor, reicht nicht aus, um weitere Entgeltfortzahlung zu fordern. Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, der Arbeitgeber sei nicht in der Lage, das Bestehen einer Fortsetzungserkrankung darzulegen, weil er über die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht unterrichtet wird. Auch
die Auskunft der Krankenkasse sei für ihn nicht objektiv, da es sich um eine wertende Betrachtung der Krankenkasse handele. Aus diesen Gründen muss der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber und im schlimmsten Fall gegenüber dem Arbeitsgericht durch Vorlage ärztlicher Bescheinigungen darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung, sondern eine weitere Ersterkrankung vorliegt.

Schwierig wird es auch, wenn in dem Zeitraum der Erkrankung eine weitere Erkrankung eintritt. Hier werden nicht etwa die Entgeltfortzahlungszeiträume addiert, sondern es gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes der sogenannte Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles. Die Entgeltfortzahlung ist daher auf die (ersten) sechs Wochen beschränkt, wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die erneut zu einer Arbeitsunfähigkeit führt.

Auch bei der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber gilt es genau hinzuschauen: der Arbeitnehmer ist nach $ 5 I 1 EntgeltfortzahlungsG verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert diese länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. In Arbeits- oder Tarifverträgen kann aber zum Nachteil des
Arbeitnehmers von dieser Regelung abgewichen und bereits am ersten Tag die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gefordert werden! Verstößt der Arbeitnehmer gegen diese Vorlagepflicht, begeht er eine Vertragsverletzung, die grundsätzlich zur Abmahnung berechtigt.

Rechtsanwalt Michael Field
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Barklage Brickwedde Dahlmeier Roter
Demmplerplatz 3, 19053 Schwerin